Depressionen - Serotoninmangel nicht die Ursache
Forschende fordern Aufklärung
Antidepressiva werden oft verschrieben, weil in der Psychiatrie die Hypothese vorherrscht, dass depressive Personen unter einem Mangel an Serotonin leiden. Serotonin ist ein wichtiger neurochemischer Botenstoff im Körper, der in zahlreiche Funktionen wie Sexualität, Verdauung und Affektregulation involviert ist. Die meisten verschriebenen Antidepressiva verursachen eine zumindest temporäre Erhöhung des Serotoninspiegels. Deswegen wurde schon früh angenommen, dass Depressionen auf einen Mangel des Botenstoffs zurückzuführen sind, welcher durch Antidepressiva korrigiert werden kann.
Nun haben Forschende des University College London unter Beteiligung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aufgezeigt, dass die wissenschaftliche Evidenz gegen einen Serotoninmangel als Ursache für Depressionen spricht. Sie haben für ihre gross angelegte Metastudie verschiedene Forschungszweige berücksichtigt: genetische Studien zum Serotonintransporter, bildgebende neurobiologische Studien zu Serotoninrezeptoren sowie Studien, die Serotonin in Körperflüssigkeiten wie der Cerebrospinalflüssigkeit gemessen haben. Sie fanden keine zuverlässige wissenschaftliche Evidenz für die Serotonin-Hypothese. Im Gegenteil: Die Befunde deuten stark darauf hin, dass Serotonin in der Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression keine bedeutsame Rolle spielt. Bezüglich Serotonin-Konzentration oder -Aktivität scheinen sich Personen mit Depressionen nicht von Personen ohne Depressionen zu unterscheiden.
Obschon die Serotonin-Hypothese wissenschaftlich nie eindeutig bestätigt werden konnte, wurde sie von der Pharmaindustrie vermarktet und viele Ärztinnen und Ärzte verschreiben unter dieser Annahme Antidepressiva. Auch ein Grossteil der Allgemeinbevölkerung, je nach Land bis zu 90 Prozent, glaubt dieser Hypothese.
Gemäss den Forschenden habe die Serotonin-Hypothese viele negative Konsequenzen. Patientinnen und Patienten, die glauben, ihre Depression sei auf einen Serotoninmangel zurückzuführen, erachten ihre Krankheit häufiger als chronisch, haben eine pessimistischere Perspektive zu den Heilungschancen und negative Erwartungen zur wirksamen Selbstregulation ihrer Stimmung. Auch glaubten diese Menschen häufiger, dass sie langfristig ohne Antidepressiva nicht funktionieren können und erachteten psychosoziale Interventionen für weniger wirksam.
Der klinische Psychologe und Mitautor der Studie, Michael Hengartner von der ZHAW, fordert eine Aufklärung der Bevölkerung und insbesondere der Patientinnen und Patienten: «Es gibt keinerlei beweiskräftige Evidenz, dass Depressionen auf einen Serotoninmangel zurückzuführen sind, der durch die Vergabe von Antidepressiva korrigiert werden kann».
Moncrieff, J., Cooper, R., Stockmann, T., Amendola, S., Hengartner, M. et Horowitz, M. (2022). The serotonin theory of depression : a systematic umbrella review of the evidence. Molecular Psychiatry. doi : 10.1038/s41380-022-01661-0
Probiotics and the Microbiota-Gut-Brain Axis: Focus on Psychiatry
Sabrina Mörkl1,2 & Mary I Butler1,3 & Anna Holl1 & John F Cryan1,4 & Timothy G Dinan1,3
Abstract
Purpose of Review: Probiotics are living bacteria, which when ingested in adequate amounts, confer health benefits. Gut microbes are suggested to play a role in many psychiatric disorders and could be a potential therapeutic target. Between the gut and the brain, there is a bi-directional communication pathway called the microbiota-gut-brain axis. The purpose of this review is to examine data from recent interventional studies focusing on probiotics and the gut-brain axis for the treatment of depression, anxiety and schizophrenia.
Recent Findings: Probiotics are likely to improve depression but not schizophrenia. Regarding anxiety, there is only one trial which showed an effect of a multispecies probiotic. However, determinants like the duration of treatment, dosage and interactions have not been thoroughly investigated and deserve more scientific attention.
Summary: Microbiome-based therapies such as probiotics could be cautiously recommended for depression to enhance beneficial bacteria in the gut and to improve mood through the gut-brain axis.
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